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Friedenstag gegen die moderne Sklaverei

Unter dem Thema „Nicht länger Sklaven, sondern Brüder und Schwestern“ ist in St. Nikolaus in Kiel am Montag, den 11. Mai ein Friedenstag gefeiert worden. Anlass war nicht nur das Ende des zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945, sondern auch der Aufruf des Papstes zum Kampf gegen die Sklaverei.

Papst Franziskus hat der Sklaverei und Ausbeutung den Kampf angesagt und so stehen in diesem Jahr die Friedenstage der Katholischen Kirche im Kampf gegen alle Formen der Ausbeutung. „Es ist inakzeptabel, dass in unserer Welt Sklavenarbeit zu einer allgemeinen Erscheinung geworden ist. So geht es nicht weiter“, so der Pontifex. Gemeinsam mit Spitzenvertretern der Weltreligionen hatte Papst Franziskus bereit im Dezember vergangenen Jahres im Vatikan eine Erklärung gegen Menschenhandel unterzeichnet. Darin wurde Menschenhandel als Verbrechen gegen die Menschheit und als moderne Form der Sklaverei verurteilt und Zwangsarbeit, Zwangsprostitution und Organhandel verdammt. Alle Staaten müssten dagegen vorgehen. Ziel sei, die moderne Sklaverei weltweit bis 2020 und für alle Zeiten abzuschaffen.

In St. Nikolaus in Kiel haben Propst Leo Sunderdiek und die Gäste, der evangelische Bischof Gothart Magaard, Schleswig, und der Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, Hamburg, anlässlich des Friedenstages einen ökumenischen Gottesdienst zelebriert. Bei der anschließenden Begegnung im Gemeindezentrum St. Nikolaus in der Rathausstraße führte Bernhard Krumrey als Vorsitzender des Personalrates in seiner Begrüßungsrede in das Thema ein.

Was verbindet ein Mensch in unserer modernen Gesellschaft mit dem Begriff Sklaverei? Ist es nicht ein Thema, bei dem uns allenfalls Spartakus, römische Galeeren oder der Film „Roots“ in den Sinn kommen? Doch es gibt auch heute Sklaverei. Und wenngleich sie zum Nachrichten-Vokabular gehört, bleibt sie seltsam abstrakt. Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer erläuterte als Gastredner, dass auch er Schwierigkeiten habe, seinem Kind den Begriff moderne Sklaverei zu verdeutlichen.

Sklaverei und Menschenhandel sind Begriffe, die ein und dasselbe meine. Phänomene, die – verstärkt durch die Globalisierung – von Brasilien bis Kanada und von Nigeria bis Deutschland auftreten. In Form der Zwangsprostitution oder der Ausbeutung in Arbeitsverhältnisse ist der Menschenhandel auch nach Deutschland gekommen. Jeder kann ihn sehen, wenn er genau hinschaut.

Claudia Rabe von contra, der einzigen Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein, hat in ihrem Fachvortrag unterschiedliche Formen des Menschenhandels beschrieben und ihre Arbeit vorgestellt. Gesprochen wird von Frauenhandel, da überwiegend Frauen betroffen sind. Herkömmlich stellt man sich diesen Frauenhandel so vor, dass die Frauen in Ketten gelegt, verschleppt und eingesperrt werden. Frauenhandel liegt jedoch vor, wenn Frauen durch Täuschung, Drohung oder Gewaltanwendung Dienstleistungen wie Prostitution oder Tätigkeiten wie Hausarbeit ausüben müssen, die ausbeuterisch oder sklavenähnlich sind. Die dahinter stehenden Täter täuschen die Frauen über die Art der Tätigkeit oder die Arbeitsbedingungen, ihren Verdienst, ihre Rechte und Pflichten. Sie drängen die Frauen bewusst in Abhängigkeiten und bereichern sich an der Ausbeutung der Frauen. Häufig werden Frauen erpresst oder durch Schulden und Arglist in diese Verhältnisse gezwungen. „Wir unterscheiden Frauenhandel in die Prostitution, in die Ehe und in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse“, so Claudia Rabe.

Sie habe Fälle erlebt, in denen Migranten für einen minimalen Stundenlohn auf dem Bau, in einem Schlachtbetrieb oder als Au Pair schuften mussten. Unter entwürdigenden Bedingungen. Oder beim Heiratshandel, wenn Frauen nach Deutschland eingeladen werden und in der Ehe sexuell oder als billige Arbeitskraft ausgebeutet werden.

Auch im Bereich der Prostitution macht sich contra dafür stark, Frauen zu helfen. Ihnen würde allerdings keine Unterstützung aufgezwungen. „Viele Frauen, vor allem Migrantinnen, gehen freiwillig in die Prostitution, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder oder ihre Familie zu verdienen. Wenn sie dann ausgebeutet werden, sprechen wir von Frauenhandel. Suchen die Frauen Hilfe bei uns, geschieht nichts über ihre Köpfe hinweg. Sie entscheiden, was geschehen soll. Diese Art der Selbstbestimmung ist wichtig, damit die Frauen Vertrauen fassen und ihnen geholfen werden kann.“ Die Begleitung erfolgt langfristig. Wie können wir helfen? Außenstehende, die Missstände kennen, können contra informieren, wir alle können über das Thema sprechen und die Arbeit von kommunizieren.

contra steht in der Trägerschaft des Frauenwerks der Nordkirche. Internet: www.contra-sh.de, E-Mail: contra@frauenwerk.nordkirche.de, Telefon: 0431 / 55 779 191

Text und Fotos: Hilke Ohrt

Lesen Sie in der Maiausgabe 2015/Heft 229: "Das Geschäft mit der Lust. Von der Sexarbeit über die Gewalt in der Prostitution bis zum Frauenhandel in Schleswig-Holstein

Die Veranstaltung im Gemeindezentrum St. Nikolaus war gut besucht.

Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer als Gastredner

Claudia Rabe von contra bei ihrem engagierten Vortrag gegen Frauenhandel