HEMPELS Verkäufer im Café

Über den Tellerrand hinausblicken: Internationales Treffen der Straßenzeitungen

Delegierte aus der ganzen Welt sind im Juni zum INSP Global Street Paper Summit in Seattle zusammengekommen. HEMPELS ist Teil des Netzwerkes. Hier tauschen wir Erfahrungen und Know-how aus, unterstützen uns gegenseitig und sprechen mit einer Stimme.

Wenngleich sich die Lebensumstände unterscheiden: In jedem Land kaufen Arme und Obdachlose in ihrer Stadt Zeitungen, die sie dann exklusiv auf den Straßen und Plätzen weiterverkaufen und einen Teil des Erlöses als Verdienst behalten. Und so bieten die Straßenzeitungen überall die Chance auf ein kleines Einkommen und zum Teil weitere Hilfsangebote. In ihrer jeweiligen Heimat organisieren sich die Straßenzeitungen dabei zwar in unterschiedlichen Modellen und verbinden verschiedene soziale Projekte mit ihrem Angebot, sie müssen jedoch vergleichbare Herausforderungen bewältigen. Das gilt auch für die reicheren Länder wie Deutschland oder die USA. Hier scheint es, als habe sich mit den Wohnungslosen eine neue gesellschaftliche Klasse herausgebildet, deren Vorhandensein allgemein akzeptiert wird.

Im Alltag müssen allerdings ganz konkrete Probleme bewältigt werden: Wie geht man mit der Digitalisierung um?, Wie sind Auflagenstärken zu halten?, Wie lässt sich die Lage der Verkäufer verbessern? – um einige Beispiele zu nennen. Da ist es gut, einmal über den Tellerrand zu schauen und sich mit Kollegen auszutauschen, auch außerhalb Deutschlands. Daher hatte HEMPELS eine Delegierte zu dem viertägigen Kongress nach Seattle geschickt.

Der Gipfel wird seit 1994 abgehalten und fand in diesem Jahr zum ersten Mal in den USA statt. Inszeniert wurde er durch das INSP International Network of Streetpapers, Gastgeber war die US-Straßenzeitung Real Change. Es gab in diesem Jahr mehr Sitzungen und Seminarangebote als je zuvor. Vom Herstellersupport über redaktionelle Ethik und den INSP News Service bis zu Social Media waren die Diskussionen abwechslungsreich und leidenschaftlich. Besuche in der Redaktion von Real Change sowie bei Hilfsangeboten und in der „Zeltstadt“ der Wohnungslosen gaben weitere Einblicke und Gesprächsgrundlagen.

"Unsere Vielfalt ist unsere Stärke, und das, was wir gemeinsam haben, übertrumpft unsere Unterschiede ", sagt Tim Harris, INSP-Vorstand und Gründer von Real Change. Sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen, ist der Grundtenor des Kongresses. Denn wenn man global denkt und sich umschaut, kann man sein lokales Handeln verbessern und die Straßenzeitung zu einem noch mächtigeren Instrument ausbauen. Denn Straßenzeitungen können eine starke Kraft in den Kommunen werden und angesichts der Kluft zwischen den Reichen und den Armen ein Sprachrohr der Unterprivilegierten.

Text: Hilke Ohrt

 

Die Delegierten in Seattle; Foto: Cassin Stacy / INSP News Service