Ausländer: Anspruch auf ALG II nach fünf Jahren

Arbeitsfähige arbeitslose Ausländer ohne Aufenthalts- oder Freizügigkeitsrecht haben in Deutschland keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II). Hiervon gibt es aber eine Ausnahme: Auch diese Ausländer können ALG II erhalten, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Die Frist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II). Der Aufenthalt muss ohne wesentliche Unterbrechungen über fünf Jahre bestehen und nachgewiesen werden. Grundsätzlich ist zum Nachweis dieses Aufenthalts zwar eine fortwährende und überdies melderechtskonforme Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde das geeignetste Mittel, aber nicht das einzige. Denn das ist weder dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II, der lediglich für den Fristbeginn auf eine Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde abstellt, noch der Gesetzesbegründung (BT Drs. 18/10211, S. 13 ff.) oder dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen. Es kann vielmehr ergänzend auf die allgemeinen Mittel der Beweisführung bzw. Glaubhaftmachung zurückgegriffen werden. So können neben Meldebescheinigungen etwa von Personen ohne festen Wohnsitz Nachweise über den Aufenthalt in Obdachlosenunterkünften, Klinikaufenthalten oder Aufenthalten bei Verwandten/Bekannten vorgelegt werden. Weiter kommen dokumentierte Vorsprachen bei Behörden, Betreuern oder Hilfseinrichtungen als Nachweise in Betracht. Der Aufenthaltsnachweis kann für Zeiten ohne melderechtskonforme Anmeldung zuletzt auch über Zeugen erbracht werden, die den Ausländer regelmäßig gesehen haben. (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 09.12.2019, L 6 AS 152/19 B ER)

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