Eigenbedarf: das Damoklesschwert für Mieterinnen und Mieter

Viele Mieterinnen und Mieter fürchten die Eigenbedarfskündigung, doch was ist das eigentlich und warum besteht eine solche Angst? Gemäß § 573 Abs. II Nr. 2 BGB können Vermieterinnen und Vermieter ein Mietverhältnis kündigen, wenn sie die betroffene Wohnung für sich, einen Familienangehörigen oder einen Angehörigen des Haushalts benötigen. Dieser Kündigungsgrund ist bereits seit langem gesetzlich geregelt, stellt sich jedoch immer mehr als »Hilfsmittel« dar, um unbequeme Mieter loszuwerden oder die »günstige« Wohnung teurer weiterzuvermieten. Die Rechtsprechung hat sich hinsichtlich Eigenbedarfskündigungen in den letzten Jahren eher zu Gunsten der Vermieter entwickelt. Deutlich wird dies dadurch, dass allein eine Sachlagenschilderung in wenigen Sätzen für viele Gerichte ausreicht, da nur Kerntatsachen (Bedarfsperson und Darlegung ihres Interesses) angegeben werden müssen. So entschied der BGH in dem Urteil vom 28.04.2021 - VIII ZR 6/19, dass gegen eine Kündigung keine formellen Bedenken bestehen, wenn mitgeteilt werde, »(…) dass die Tochter des Klägers die Wohnung zur Gründung eines eigenen Haushalts anlässlich des Beginns ihres Studiums im Wintersemester 2017/2018 in Berlin benötige«. Warum eine 86 Quadratmeter große Wohnung benötigt werde, sei keine Kerntatsache und müsse auch nicht im Rahmen der formellen Wirksamkeit mitgeteilt werden.

So zeigt sich auch in der Beratung des Kieler Mietervereins immer häufiger, dass Mietern, die ihre rechtlichen Möglichkeiten wahrnehmen, mit einer Eigenbedarfskündigung »gedroht« wird. In einer Zeit, in der der Wohnungsmarkt angespannt ist und die Mieten immer weiter steigen, sehen Vermieter ihre Chance, die Wohnung zu sanieren und dann teurer weiterzuvermieten oder ohne Sanierung von den Mietern eine höhere Miete zu verlangen. Sollten sich Mieter jedoch wirklich wehren wollen, indem sie eine Schadenersatzforderung wegen vorgetäuschten Eigenbedarf geltend machen, begegnen ihnen Hürden, die sie in den meisten Fällen nicht überwinden können, da die Beweislast voll bei ihnen liegt. Es ist ratsam, sich mietrechtlichen Rechtsrat zu suchen und Eigenbedarfskündigungen überprüfen zu lassen, bevor man ein Zuhause aufgibt.

Expert/innen des Kieler Mietervereins schreiben zu aktuellen Mietrechtsfragen. Lesen Sie diesen Monat eine Kolumne der Volljuristin Birte Kubovcisik.