ALG II als Darlehen bei Rechtsstreit um BAföG

Der Ausschluss von Studierenden von ALG II stellt bis zum Abschluss eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Verwaltungsgericht um Leistungen nach dem BAföG eine »besondere Härte« im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II dar mit der Folge, dass Auszubildende in diesem Zeitraum ALG II (Hartz IV) als Darlehen erhalten können. In der Rechtsprechung ist höchstrichterlich anerkannt, dass Auszubildende einen Anspruch auf darlehensweises ALG II aus Härtefallgesichtspunkten haben, wenn der Abschluss ihrer Ausbildung kurz vor dem Abschluss steht (Abschluss in circa sechs Monaten), der Hilfebedarf in der Abschlussphase der Ausbildung entsteht und bei Ausbildungsabbruch künftige Erwerbslosigkeit droht.

Das LSG Berlin-Brandenburg hat nun entschieden, dass der Ausschluss Auszubildender von ALG II auch dann ein Härtefall darstellt, wenn während eines Streits um die Versagung von BAföG-Leistungen vor dem Verwaltungsgericht deren Existenzminimum weder vom BAföG-Amt noch vom Jobcenter sichergestellt würde. Denn um im Streit um BAföG überhaupt erfolgreich sein zu können, muss der Auszubildende dort geltend machen, er studiere in Vollzeit. Würde er – um seinen Lebensunterhalt zu sichern – eine vollschichtige ungelernte Tätigkeit aufnehmen, würde die Klage auf BAföG schon deshalb keinen Erfolg haben. Dieses Ergebnis wäre mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar. ALG II ist in dieser Zeit deswegen darlehensweise zu gewähren. (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.06.2020, L 31 AS 585/20).

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