Kein Alleinstehendenregelsatz bei Zusammenleben mit Asylbewerber

Eine Ehefrau muss den geringeren Sozialleistungssatz für Verheiratete bzw. Paare in einer Wohnung auch dann hinnehmen, wenn ihr Ehemann die niedrigeren Leistungen für Asylbewerber bezieht. Die erwerbsgeminderte Ehefrau bezog seit 2015 zusammen mit ihren vier minderjährigen Kindern ALG II (jetzt Bürgergeld). 2017 zog ihr Ehemann in den Haushalt, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (damals 318 Euro, aktuell 330 für Paare in einer Wohnung) erhielt. Das Jobcenter bewilligte der Ehefrau daraufhin nur noch die um zehn Prozent abgesenkten Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 368 Euro (jetzt 502) anstatt 409 (jetzt 451) nach der Regelbedarfsstufe 1. Wegen der gegenüber ALG II/Bürgergeld niedrigeren Asylbewerberleistungen hatte die Familie 50 Euro weniger zur Verfügung als ein Ehepaar, bei dem beide Partner ALG II/Bürgergeld beziehen. Deshalb begehrte die Ehefrau weiterhin Leistungen wie eine Alleinstehende.

Ihre Klage vor dem Bundessozialgericht hatte keinen Erfolg. Da Ehepaare und Partner aus einem gemeinsamen Topf wirtschaften können und so Einsparpotenziale insbesondere im Bereich Lebensmittel, Energie und Wohnungsinstandhaltung haben, kann der höhere Regelbedarf für Alleinstehende nicht mehr beansprucht werden. Dies gilt auch bei sogenannten gemischten Bedarfsgemeinschaften, bei denen unterschiedliche Sozialleistungen – hier Sozialgeld und die um 50 Euro geringeren Asylbewerberleistungen – gewährt werden. Denn auch für den Bereich Hausrat, der in den Grundleistungsbedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht als Geldleistungsbetrag eingeflossen ist und daher wesentlich zur Differenz des ausgezahlten monatlichen Betrags führt, können im Bedarfsfall gesondert Geld- oder Sachleistungen erbracht werden. (BSG, Urteil vom 15.02.2023, B 4 AS 2/22 R)

Wir veröffentlichen jeden Monat ein Urteil, das für Bezieher/innen von Bürgergeld und anderen Sozialleistungen von Bedeutung ist. Unsere Servicerubrik entsteht in Zusammenarbeit mit dem Experten für Sozialrecht Helge Hildebrandt, Rechtsanwalt in Kiel.