Pandemie: Noch bis Ende 2022 sind die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen

Während der Corona-Pandemie gelten auch bei Hartz IV (ALG II) einige Besonderheiten. Eine dieser Besonderheiten ist, dass für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2022 beginnen oder begonnen haben, die Mietobergrenzen nicht anzuwenden sind, soweit nicht schon vor dem 1. März 2020 bereits nur die Mietobergrenze anerkannt worden ist. Diese Regelung, die sich in § 67 Abs. 3 SGB II findet, ist wichtig für Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung wohnen, die über der Mietobergrenze liegt, aber noch die tatsächlichen Mietkosten vom Jobcenter erhalten, etwa weil die seit dem 1. März 2020 erstmals ALG II beantragen mussten oder weil das Jobcenter die Leistungen für die Unterkunft noch nicht abgesenkt hat. Von § 67 Abs. 3 SGB II profitieren aber auch Leistungsberechtigte, die seit dem 1. März 2020 umgezogen sind. Denn auch bei der Neuanmietung einer Wohnung gilt, dass in der Corona-Pandemie die tatsächlichen Mietkosten als "angemessen" im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gelten und deswegen vom Jobcenter zu übernehmen sind.

Das Sozialgericht Kiel hat nun entschieden, dass § 67 Abs. 2 SGB II auch auf Leistungsberechtigte anzuwenden ist, deren Hilfebedürftigkeit nicht ursächlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Mieten sie eine neue Wohnung an, sind deren Kosten auch dann zu übernehmen, wenn sie sehr hoch sind. Einer vorherigen Zusicherung des Jobcenters zur Übernahme der tatsächlichen Mietkosten bedarf es nicht. Nach Ablauf des letzten noch im Jahre 2022 begonnen Bewilligungszeitraums kann das Jobcenter dann aber ein Mietsenkungsverfahren einleiten – es sei denn, es gibt bis dahin das neue »Bürgergeld mit neuen gesetzlichen Regelungen zu den Unterkunftskosten. (Sozialgericht Kiel, Beschluss vom 28.01.2022, S 34 AS 4/22 ER, rechtskräftig)

Wir veröffentlichen jeden Monat ein Urteil, das für Bezieher von Hartz IV und anderen Sozialleistungen von Bedeutung ist. Unsere Servicerubrik entsteht in Zusammenarbeit mit dem Experten für Sozialrecht Helge Hildebrandt, Rechtsanwalt in Kiel.