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150 Jahre Thomas Mann: Ausstellung in Lübeck widmet sich Demokratie

Vor 150 Jahren wurde Thomas Mann geboren. Seine Heimatstadt Lübeck zeigt die zentrale Ausstellung zum Geburtstag des Literaten. Im Mittelpunkt steht seine politischen Wandlung vom reichstreuen Konservativen zum überzeugten Demokraten

Zum 150. Geburtstag des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann (1875-1955) zeigt das Lübecker St. Annen-Museum ab Freitag (6. Juni) die Sonderausstellung "Meine Zeit. Thomas Mann und die Demokratie". "Wir sind stolz auf unseren Ehrenbürger und verstehen uns als Zentrum der Feiern zu seinem Geburtstag", sagte Lübecks Kultursenatorin Monika Frank (SPD) heute bei der Präsentation der Schau. Die Vernissage findet morgen, am Geburtstag von Thomas Mann, zusammen mit einem Festakt statt, zu dem auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet wird. Die Schau läuft bis zum 18. Januar 2026.

Thomas Manns Enkel Frido Mann sah sich bereits heute die Ausstellung an, die in sechs Räumen die politische Entwicklung Thomas Manns vom reichstreuen Konservativen zum überzeugten Demokraten nachzeichnet. Jeder Raum ist einem demokratischen Wert gewidmet, von der Würde des Menschen über Meinungs- bis hin zur Pressefreiheit. Graphic Novels des Zeichners Jan Soeken zu zentralen Szenen aus Manns Werken, Fotos, Tagebucheinträge und Hörstationen komplettieren die Schau.

So ist der erste Raum der Ausstellung dem geordneten Kaiserreich gewidmet, das Mann während seiner Kindheit in Lübeck prägte. Zu den übersichtlich ausgestellten Exponaten gehören auch Auszüge aus den Schülerzeitungen, für die Thomas Mann schrieb. Der nächste Raum unter dem Motto "Freiheit" spiegelt bereits das Chaos der politischen Lage wider. Die Wände bestehen aus einer wilden Collage aus Fotos, Zeitungsausschnitten und Zitaten von Thomas Mann.

1914 begrüßte der damals 39-Jährige nahezu fanatisch den Ersten Weltkrieg. Die Kunst sollte seiner Meinung nach frei sein von Politik, deshalb dürften die westlichen Einflüsse in Deutschland nicht zu stark werden. Im Oktober 1918 bekannte er sich in den "Betrachtungen eines Unpolitischen" auf mehr als 600 Seiten zum reaktionären Lager. "Das war natürlich ziemlicher Quatsch", kommentierte die Leiterin des Buddenbrookhauses, Caren Heuer, Thomas Manns damalige Haltung.

Nach der Kriegsniederlage vollzog der Autor eine Kehrtwende. Er wurde Anhänger der Weimarer Republik, der ein kleiner Raum unter dem demokratischen Wert "Würde des einzelnen" gewidmet ist. Adolf Hitler kündigte sich bereits an, wie Zeitungsausschnitte an den Wänden verraten. "Hier sieht man Parallelen zu den rechtsradikalen Tendenzen wie wir sie heute haben", sagte Heuer.

In einem der nächsten Räume gibt es eine Hörstation mit Auszügen aus den 55 Radioansprachen, die Thomas Mann aus dem Exil in den USA an das deutsche Volk hielt. Er forderte zum Kampf gegen Hitler auf, den er als "blutigen Komödianten" bezeichnete. Die Wende zum überzeugten Demokraten war vollzogen.

"Ich freue mich, dass meinem Großvater so schön gedacht wird", sagte Thomas Manns Enkel Frido Mann. Gleichzeitig appellierte der 84-Jährige eindringlich an die deutsche Politik: "Mein Großvater würde die heutige Lage in den USA, in der Ukraine und in Gaza nicht verstehen. Aber auch ich stehe kopfschüttelnd vor vielen Dingen", sagte Frido Mann, der deutscher Jude ist.

Die deutsche Politik müsse den Völkermord in Gaza klarer verurteilen und den Unterschied zwischen dem jüdischen Volk und der "schrecklichen Regierung in Israel" deutlich machen. "Es kann nicht sein, dass dieser Unterschied nicht gesehen wird und zu Antisemitismus führt", sagte Frido Mann.

Ursprünglich war die Schau zum 150. Geburtstag von Thomas Mann im frisch umgebauten Buddenbrookhaus geplant. Doch das heutige Literaturmuseum in der Mengstraße, das im 19. Jahrhundert im Besitz der Familie Mann war, ist seit 2019 geschlossen. Querelen in der Lübecker Bürgerschaft um den Durchbruch eines denkmalgeschützten Gewölbekellers verzögerten den Baubeginn. Mit einer Neueröffnung wird frühstens 2030 gerechnet. EPD

Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren, wo anlässlich seines 150. Geburtstags die Sonderausstellung "Meine Zeit. Thomas Mann und die Demokratie" zu sehen ist. (Symbolbild: Pixabay)