In Schleswig-Holstein sind die Ausfallzeiten aufgrund von Alkoholproblemen im vergangenen Jahr weiter deutlich angestiegen. Nach einer aktuellen Auswertung der AOK Nordwest waren Versicherte an insgesamt 46.668 Tagen in Folge von Alkoholkonsum arbeitsunfähig, wie die Kasse am Donnerstag (8. Mai) mitteilte. Das seien 4,4 Prozent mehr als im Jahr 2023, im Vergleich zum Jahr 2020 liege das Plus sogar bei 35,8 Prozent. Alkohol sei für viele Menschen Teil des täglichen Lebens, dabei würden sowohl die gesundheitlichen Risiken als auch das Suchtpotenzial häufig unterschätzt, hieß es.
Bei rund 25.000 AOK-Versicherten in Schleswig-Holstein sei im vergangenen Jahr ein Alkoholproblem diagnostiziert worden, knapp drei Viertel der Betroffenen waren Männer. Dies zeige sich auch bei den Klinikeinweisungen: 2024 mussten AOK-Versicherte in 2.287 Fällen wegen problematischen Alkoholkonsums stationär in Kliniken behandelt werden. Auch hier lag der Anteil der Männer bei 75 Prozent. "Alkoholsucht ist eine zerstörerische Krankheit mit weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheit, Psyche, soziale Beziehungen und berufliche Perspektiven", sagte Tom Ackermann, Vorsitzender der AOK Nordwest.
Alkohol sei ein Zellgift, das grundsätzlich alle Organe schädigen kann. Neben kurzfristigen Auswirkungen des Konsums, die Unfälle, Verletzungen und Gewalt begünstigen, erhöhe er unter anderem das Risiko für die Entstehung von Krebserkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Bluthochdruck und Lebererkrankungen. Trotz dieser Folgen werde das Problem oft tabuisiert, hieß es. Grund dafür sei, dass Alkohol leicht verfügbar und der Konsum weitgehend gesellschaftlich akzeptiert sei.
Aus Sicht der AOK sei es wichtig, dass Thema Alkoholsucht verstärkt in den Fokus zu rücken und die gesellschaftliche Verharmlosung kritisch zu hinterfragen. Nach aktuellen Empfehlungen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) gebe es keine risikofreie Menge für einen unbedenklichen Alkoholkonsum. Die DHS empfiehlt daher, auf alkoholische Getränke möglichst zu verzichten. Wer alkoholische Getränke dennoch konsumiere, sollte vor allem hohe Alkoholmengen vermeiden.
Als risikoarm stuft die Deutsche Gesellschaft für Ernährung einen Alkoholkonsum von maximal ein bis zwei Gläsern Wein (280 ml) oder maximal ein bis zwei kleinen Flaschen Bier (660 ml) in der Woche ein. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende sollten gänzlich auf Alkohol verzichten. EPD