HEMPELS Verkäufer im Café

SH: Antiziganismus-Meldestelle legt Jahresbericht 2024 vor

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) Schleswig-Holstein hat ihren ersten Jahresbericht vorgestellt. Im vergangenen Jahr seien 66 antiziganistische Vorfälle dokumentiert worden, teilte die MIA heute in Kiel mit. Die Stelle gehe von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus, da Fälle von Antiziganismus nicht immer als solche erkannt und daher gemeldet würden. Es sei davon auszugehen, dass in folgenden Jahren, auch mit steigendem Bekanntheitsgrad der Meldestelle, mehr Vorfälle erfasst werden.

Die häufigste Vorfallart war den Angaben zufolge 2024 die verbale Stereotypisierung (29 Fälle). In etwa einem Drittel dieser Fälle seien antiziganistische Fremdbezeichnungen verwendet worden. 26 Vorfälle wurden der Kategorie Diskriminierung zugeordnet. Hier handele es sich hauptsächlich um Erfahrungen im schulischen Kontext, unter anderem um Mobbing durch Mitschülerinnen und Mitschüler und ungerechte Behandlungen durch Lehrkräfte. Außerdem wurden zwei Fälle extremer Gewalt gemeldet worden. MIA definiert diese als physische Angriffe, die den Verlust des Lebens zur Folge haben könnten oder gravierende physische Schäden verursachen.

Die Hälfte aller antiziganistischen Vorfälle aus dem Jahr 2024 fand im Bildungskontext statt. MIA unterscheide hierbei zwischen physischen Vorfallorten und sozialen Räumen, Vorfälle aus dem Bildungskontext müssten also nicht zwingend in einer physischen Bildungseinrichtung stattgefunden haben. Dieser hohe Anteil könne auch dadurch zu erklären sein, dass der Meldestelle vor allem Fälle von Einzelpersonen gemeldet wurden, die selbst im Bildungsbereich tätig sind. Zudem gab es neun Fälle von Antiziganismus im Behördenkontext, in sieben davon handele es sich um Interaktionen mit der Polizei.

Aus dem Jahresbericht leitet die MIA mehrere Handlungsempfehlungen ab. So sollten Lehrkräfte und Sozialarbeitende weiter sensibilisiert werden und Antiziganismus und die Geschichte von Sinti und Roma verstärkt in Lehrpläne eingebunden werden. Außerdem sollten Sensibilisierungsworkshops in Behörden stattfinden und der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Leistungen und Hilfsstrukturen, vor allem für geflüchtete Roma, sichergestellt werden.

Die MIA wird im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" durch das Bildungs- und Familienministerium des Bundes, das Landesdemokratiezentrum Schleswig-Holstein und den Landespräventionsrat Schleswig-Holstein gefördert. Die MIA Schleswig-Holstein ist Teil der MIA Bund und orientiert sich an den gleichen Arbeitsdefinitionen. EPD

 

Gedenkstein im Kieler Hiroshimapark für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma aus Schleswig-Holstein. Laut MIA sollten Antiziganismus und die Geschichte von Sinti und Roma verstärkt in Lehrpläne eingebunden werden. (Foto: MGG)