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SH: Rechte Gewalttaten nehmen zu

In Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr fast jeden zweiten Tag Menschen aus rassistischen, antisemitischen oder anderen rechten Motiven angegriffen. Das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (Zebra) registrierte 2024 insgesamt 164 Gewalttaten mit mindestens 263 Betroffenen. Das seien 20 Prozent mehr als 2023, in dem 136 Vorfälle registriert wurden, hieß es im Jahresbericht, den Zebra am 24. April in Kiel vorgestellt hat.

Selbst vor Kindern und Jugendlichen mache rechte Gewalt nicht Halt, erklärte Joshua Vogel von Zebra. Seinen Angaben zufolge wurden 57 Kinder und Jugendliche angegriffen und damit 19 mehr als im Vorjahr. "Dieser Anstieg von 20 Prozent ist besorgniserregend", sagte Vogel.

Menschen, die rassistische Gewalt erlebten, bildeten mit inzwischen 75 Prozent erneut die größte Gruppe. Die zweitmeisten Angriffe richteten sich mit 23 Fällen gegen politische Gegnerinnen und Gegner, wie Amtsträger oder Engagierte gegen Rechts. Darauf folgen sieben antisemitische und acht queerfeindliche Gewalttaten.

Die Statistik beinhaltet Tötungsdelikte, Körperverletzungen, massive Sachbeschädigungen, Brandstiftungen, Drohungen und Nötigungen aus rassistischen Motiven heraus. Zebra registrierte eine Zunahme von Körperverletzungen, die fast die Hälfte aller Angriffe ausmacht. Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Nötigungen und Bedrohungen. "Die erfassten Delikte sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus", erklärte Vogel.

Rechte Gewalt zeigt sich der Statistik zufolge im ganzen Land. Jeder Landkreis verzeichnet mindestens vier Fälle. Die meisten Angriffe stellte Zebra im Landkreis Pinneberg und den Städten Kiel und Lübeck fest. In Stormarn wurden mit 18 Fällen mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (2023: 8) registriert. Entgegen der landesweiten Entwicklung richteten sich dort mehr als die Hälfte der Angriffe gegen politische Gegner. Einen Schwerpunkt bildete dabei Bargteheide. "Es findet ein rechtes Hegemoniestreben im ländlichen Raum statt, dem die Politik klare Signale entgegensetzen muss", meinte Vogel.

Als Beispiel für rechte Gewalt nannte Zebra eine Familie mit mehreren Kindern, die über ein Jahr lang von einem Nachbarn aus rassistischen Motiven heraus schikaniert wurde. Schließlich drohte der Nachbar der Mutter im Beisein ihrer Kinder mit dem Tod. Die Betroffenen äußerten den Beratern von Zebra gegenüber große Angst vor weiteren Taten des Angreifers. Sie würden am liebsten umziehen, fänden aber keine geeignete und bezahlbare Wohnung, hieß es.

Zivildemokratische Akteure müssten von der Politik ernsthaft unterstützt werden, sagte Vogel. "Außerdem brauchen wir einen massiven Aufbau von Familien- und Therapiehilfen, um Betroffenen rechter Gewalt zu helfen. Stattdessen befürchten wir aber noch Kürzungen, etwa im Bereich sozialer Arbeit." Hier müsse die Politik umdenken. EPD

"Kein Platz für Rassismus": Schild der Respekt!-Initiative. (Foto: Pixabay)